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Der erste nachstehende Artikel erschien am Donnerstag, dem 14. November 1974, in mindestens zwei Zeitungen. [1]
Es geht um die Ermordung der zwei Brüder Jan und Jacques Moors aus Herten bei Roermond, die sich der durch die deutsche Armee erzwungenen Evakuierung der gesamten Bevölkerung des noch nicht befreiten Teils von Limburg am Ostufer der Maas nicht anschließen wollten. Die Deutschen hatten eine riesige Angst, vom Widerstand von hinten angegriffen zu werden.
Siehe auf dieser Website auch die Artikel über Herten und die gezwungene Evakuierung nach Friesland, Groningen und Drente.
Lesen Sie im Folgenden, was passiert ist, wie der berühmte Nazi-Jäger Simon Wiesenthal [2] damit zu tun hatte und im zweiten Artikel was daraus geworden ist.
Von einem unserer Reporter
HERTEN - Die Familie Moors aus Herten in Limburg hat bei der Staatsanwaltschaft Graz Strafanzeige gegen den ehemaligen Oberleutnant Helmuth Behagel von Flammerdingen gestellt. Der österreichische Ex-Offizier soll als Kommandeur eines Fallschirmjägerbataillons für die Ermordung von Jan (25) und Jacques Moors (19) am Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich gewesen sein.
In einem Schreiben hat Simon Wiesenthal Justizminister Van Agt gebeten, die Behörden aufzufordern, den 54-jährigen Österreicher strafrechtlich zu verfolgen.
Nach 30 Jahren wurde der Österreicher am Samstag von Frau Van de Beek aus Wessem im Grazer Polizeipräsidium aus einer von neun Personen erkannt.
"Seine Augen konnte ich nie vergessen. Sie verrieten ihn jetzt wieder. Ich bin diesem Mann oft genug in meinen Alpträumen begegnet", sagt sie.
Am Ende des Krieges, Anfang 1945, war das mittellimburgische Dorf Herten ein Brückenkopf. Die Bevölkerung war evakuiert worden. Frau Van de Beek hatte sich in einer Scheune versteckt, ebenso wie Jan und Jacques Moors und eine Tochter des Dorfpolizisten.
Bei einer Razzia konnten sie entkommen. Die vier flüchteten in den Keller des Pfarrhauses in Herten. Dort wurden sie am 8. Februar von den Deutschen entdeckt. Die beiden Frauen sollten nach Deutschland transportiert werden, konnten aber wieder entkommen.
Hinrichtung
Die Brüder Moors wurden gefangen genommen. Sie wurden drei Tage lang verhört. Am 11. Februar ordnete der Kommandant Helmuth Behagel von Flammerdingen die Hinrichtung der beiden Brüder ohne Gerichtsverfahren an.
Sie wurden beschuldigt, den englischen Truppen auf der anderen Seite der Maas Signale gegeben zu haben. Ein deutscher Soldat weigerte sich, an der Hinrichtung teilzunehmen. Er wurde dafür nie belangt.
Dreißig Jahre lang arbeitete Jan Stein an diesem Fall. Letztes Jahr wurde die Akte in die Hände des Kriegsverbrecherverfolgers Simon Wiesenthal gespielt.
Beeindruckt
Frau Van de Beek ist immer noch beeindruckt von der Konfrontation mit dem Ex-Offizier.
"Ich habe bei dieser Begegnung gezittert. Ich kann nicht beurteilen, welche Strafe er erhalten sollte. Die Richter sollten ihn mal spüren lassen, was er den Eltern von Jan und Jacques angetan hat".
Anna Dignum-Moors (52), eine Schwester der beiden Brüder, ist auch nicht untätig geblieben. Sie hat den Ermittlungen zugestimmt. "Ich bin froh, dass der Fall jetzt läuft. Ich hoffe, dass es zu einem Prozess kommen wird. Anfang nächsten Jahres wird sich die Gesetzgebung in Österreich ändern. Die Niederlande müssen dann ausdrücklich die Strafverfolgung beantragen."
* Jan (links) und Jacques Moors, die am Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Gerichtsverfahren in Herten, Limburg, hingerichtet wurden.
* Frau A. Dignum-Moors (rechts), eine Schwester der beiden Brüder, hat der Untersuchung zugestimmt. "Ich bin froh, dass der Fall jetzt aufgerollt wird", sagt sie während sie ein Foto ihrer Brüder zeigt.
Anmerkung: In diesem Text steht ein Fehler. Der Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons war Major Ulrich Matthaeas, 1911-1994, und nicht Behagel von Flammerdingen. Auch Matthaeas war ein Kriegsverbrecher. Es handelt sich hier um das 1. Bataillon des Fallschirmjägerregiments Hübner, das bereits schwere Verluste erlitten hatte, als es in Roermond und Umgebung eintraf. Das Ergebnis war ein kollektives Trauma, das ihre Kriegsverbrechen teilweise erklären mag. Der Kommandeur eines Bataillons ist normalerweise ein Oberst. Matthaeas war Major, d.h. drei Stufen tiefer in der Hierarchie, und stieg auf, weil bereits viele Offiziere gefallen waren. Das Gleiche galt natürlich auch für die unteren Dienstgrade. So war der Oberleutnant Behagel wahrscheinlich Kompaniechef, obwohl das eigentlich ein Hauptmann hätte sein müssen.
Haarlem’s Dagblad | 1975 | 28. Januar 1975 | Seite 2 [3]
(Von unserer Redakteurin in Wien)
WIEN. - „Es hängt ab jetzt von der niederländischen Regierung ab, ob Maßnahmen gegen den ehemaligen Oberleutnant Behagel ergriffen werden können“, sagte Simon Wiesenthal. Behagel war für die Ermordung der Gebrüder Moonen verantwortlich, die am Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Prozess in Herten hingerichtet wurden. Wiesenthal sagt, er habe bereits Anfang November letzten Jahres an Minister Van Agt geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten.
Nach dem neuen österreichischen Strafrecht, das am 1. Januar in Kraft getreten ist, können Verbrechen, die von Österreichern im Ausland begangen wurden, künftig nur dann verfolgt werden, wenn das betreffende Land erklärt, dass es eine Strafverfolgung für wünschenswert hält. Wiesenthal forderte daher Van Agt in einem dringenden Schreiben auf, die österreichische Regierung zur Strafverfolgung Behagels zu drängen. Bislang hat der Minister jedoch nicht geantwortet.
Für Österreich, das manchmal als "Paradies der Kriegsverbrecher" bezeichnet wird, ist dies ein willkommenes Alibi. Wenn sie sich nicht einmal für die Niederlande interessieren, warum sollten wir dann einen so alten Fall wieder aufrollen, so die Argumentation.
Strafanzeige
Behagel, heute 55 Jahre alt, lebt in Graz und hat mit seiner Arbeit als Handelsvertreter ein sehr gutes Auskommen.
Eine Niederländerin, die bei der Tragödie im Februar 1945 anwesend war, identifizierte ihn bei einer Konfrontation unter neun Personen sofort als den Mörder der Moonen-Brüder (18 und 23 Jahre alt).
Behagel, der inzwischen den Doppelnamen Behagel von Flammerdinghe angenommen hat, bestreitet, etwas mit der Hinrichtung zu tun gehabt zu haben. Allerdings wird er auch von ehemaligen Kriegskameraden schwer belastet.
Die Familie Moors hat inzwischen von den Niederlanden aus Mordanzeige gegen Behagel erstattet, woraufhin die Staatsanwaltschaft Graz ein Ermittlungsverfahren einleitete; Wiesenthal lieferte die nötigen Beweise. Ohne ein offizielles Ersuchen der niederländischen Regierung kann jedoch nichts unternommen werden.
Die niederländische Regierung wollte dabei aber nicht mitmachen. In den 1970er Jahren gab es die Diskussion um die letzten deutschen Kriegsverbrecher in einem niederländischen Gefängnis und den Druck der deutschen Regierung, sie freizulassen, trotz der Proteste aus der niederländischen Gesellschaft. So brachte der westdeutsche Botschafter in den Niederlanden diesen Gefangenen je ein Fernsehgerät und einen Videorekorder für ihre Zellen mit. Für alle anderen Gefangenen in diesem Gefängnis blieb dies verboten. [4]